Soll und Haben

Sie stellen sich vielleicht vor, dass Ihr Partner* und Ihre Beziehung doch am Besten so und so sein SOLL. Und Sie HABEN einen Partner* und eine Beziehung der dieser Vorstellung nur zum Teil entspricht. Die Einheit in der diese Differenz zwischen SOLL und HABEN gemessen wird, ist meist Unzufriedenheit. Muss das so sein oder geht es auch anders?

 

Meine Antwort lautet Ja. Ja, theoretisch geht es auch anders. Praktisch auch – wenn die zwei folgenden Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen müssen Sie sich vorstellen können, das es anders geht, z.B. so wie hier im Folgenden beschrieben – zum anderen müssen Sie bereit sein, diese neue „Technik“ auch einzuüben.

 

Es ist ähnlich wie wenn jemand Klavier spielen möchte. Zunächst muss er erst einmal Lust darauf haben und sich vorstellen, dass dieses überhaupt grundsätzlich möglich ist. Dann muss er über längere Zeit üben und sich dabei am besten schon an den kleinen Fortschritten freuen.

 

So kann’s gehen

Ich möchte Ihnen folgende Idee vorstellen, wie Sie Ihre Beziehung und ganz allgemein Ihr Leben zufriedener gestallten können: Voraussetzung für Unzufriedenheit ist, dass wir Konzepte im Kopf haben wie bestimmte Dinge sein sollten. Wenn diese dann nicht so sind, wie es unser Konzept vorgibt, werden wir unzufrieden.

 

Mein Vorschlag ist nun im ersten Schritt diese Konzepte als solche zu erkennen und im zweiten Schritt sie mal probehalber „abzuschalten“. Konkret sieht das so aus: Ich stelle mir vor. mein Partner sollte X tun, er macht aber Y. Wenn ich mir nur Y anschaue, ohne es mit X zu vergleichen, wie fühlt es sich dann an? Mit anderen Worten: Ist Y an sich tatsächlich so schlecht und unerträglich, oder ist es nur der Unterschied zu meinem eigenen Konzept X, der mir so unerträglich vorkommt?

 

Woran erkenne ich Konzepte?

Vor allem daran, dass sie bei anderen Menschen anders sind. Durst ist kein Konzept, denn jeder Mensch hat das Bedürfnis, sogar die Notwendigkeit zu trinken. Ein stets aufgeräumtes Wohnzimmer, eine steile berufliche Karriere oder sexuelle Treue hingegen sind Beispiele für Konzepte, denn manche Menschen legen Wert darauf, andere nicht. Wenn einer Ihrer inneren Sätze beginnt mit: „Meine Partnerin* sollte….“, ist dies ein Hinweis darauf, das Sie es hier mit einem Konzept oder Glauubenssatz zu tun haben könnten, der Ihnen bisher vielleicht noch garnicht bewusst war.

 

Natürlich ist es nicht leicht, derlei als selbstverständlich eingefleischte Konzepte über Bord zu werfen. Darum geht es aber auch nicht und auch nicht darum, eigene Bedürfnisse zu verleugnen. Worum es geht ist erstmal nur das „probeweise Abschalten“ der Konzepte, um ein Gedankenexperiment also das neue Erkenntnisse und Spielräume schaffen kann.

 


* = Dieser Begriff, wie auch weitere Begriffe mit grammatikalischem Geschlecht, sind geschlechtsneutral zu verstehen, d.h. in diesem Fall ist sowohl der männliche Partner wie auch die weibliche Partnerin gemeint

 


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