Prinzip 4: Subjektive Wahrheiten akzeptieren

Wahrheit ist, dass es DIE EINE Wahrheit nicht gibt. Schon gar nicht in solch komplexen Strukturen wie menschlichen Beziehungen. Wenn wir dies anerkennen, wird es plötzlich sinnlos, sich darum zu streiten, was wahr ist, ob Du oder ich recht haben. Die frei gewordenen Kapazitäten können wir dann dazu nutzen, neugieriges Interesse zu zeigen an der persönlichen Wahrheit des /der PartnerIn.  

„Natürlich gibt es Wahrheiten“ werden Sie vielleicht bei sich denken. „Du hast gestern gesagt, Du magst meine Mutter nicht“. „Nein, das habe ich nicht gesagt.“ Es stimmt, auf gewisser Ebene gibt es eine Wahrheit, Fakten also. Denn entweder hat Person A gesagt, dass sie die Mutter nicht mag, oder sie hat es eben nicht gesagt. Eines davon ist eine Tatsache und dennoch ist es unsinnig, sich hier um die Wahrheit zu streiten.

 Unnötige Wahrheiten

Zum einen werden wir nicht mehr objektiv herausfinden können, welche der beiden Versionen wahr ist, zum anderen bringt es uns auch keinen Schritt weiter zu wissen, was gestern gesagt wurde – ich nenne so etwas „unnötige Wahrheiten“. Warum aber verlieren sich dann so viele Paare in sinnlosen Scharmützeln z.B. über das, was (nicht) gesagt wurde, statt tatsächlich darüber ins Gespräch zu kommen, was das Verhältnis zur Schwiegermutter belastet.

Dafür gibt es einige Gründe:

  • Es muss erst einmal erkannt werden, dass es sich hier um ein unnützes Scheingefecht handelt.
  • Der Streit (z.B. über die berühmte offene Zahnpasta Tube) ist oft Ventil für Unzufriedenheit auf anderen, essentielleren Ebenen.
  • Es ist so schön Recht zu haben.

Willst Du recht haben oder glücklich sein?

Aber warum sind wir so erpicht darauf, Recht zu haben? Wenn wir Recht haben setzen wir den anderen automatisch ins Unrecht, und das gibt uns ein Gefühl der Überlegenheit. Das ist vielleicht kein besonders edler Charakterzug, aber offenbar sehr „menschlich“. Wir müssen uns dafür also nicht schämen oder uns selbst und andere verurteilen, sondern es reicht, wenn wir diesen Zusammenhang erkennen und annehmen. Nur so können wir allmählich umlernen, denn Recht haben bringt uns in der Paarbeziehung nicht weiter.

Ein Hindernis anzuerkennen, dass es eben nicht nur die eine Wahrheit gibt, ist aus meiner Erfahrung auch die Angst vieler Menschen, in eine Art Beliebigkeit abzudriften und die Orientierung zu verlieren, wenn alles wahr sein kann.

 Ist alles wahr? Oder nichts?

Weder ist alles wahr noch nichts. Für unsere Orientierung gibt es unsere Werte, sie sind ein besserer Kompass als das Recht Haben. Und es gibt innere Wahrheiten. Wenn ich mich traurig fühle oder enttäuscht ist das wahr. Das heisst aber nicht, dass es wahr ist, dass mein(e) PartnerIn sich falsch verhalten hat.

Ich-Botschaften (z.B. „Ich bin traurig“) sind praktisch immer wahr, wer sie anzweifelt unterstellt dem anderen zu lügen. Du Botschaften („Du hast Dich falsch verhalten“) dagegen basieren auf Vermutungen und Interpretationen, sind also nicht objektivbierbar, leicht angreifbar und führen somit oft zu unnötigen Scharmützeln um eine Pseudo-Wahrheit.

Versuchen Sie es doch mal mit folgendem Gedanken, am besten dem/der PartnerIn gegenüber laut ausgesprochen, wenn Sie mal wieder mit einer für Sie unverständlichen „Wahrheit“ konfrontiert werden:

„Vielleicht hast Du ja recht.“

 

* =Einen Überblick über diese Prinzipien finden Sie hier
den 1. Blog der Serie -“Möglichkeitsraum erweitern“ hier.
den 2. Blog der Serie -“Umparken  im Kopf“ hier.
den 3. Blog der Serie -“Zukunftsorientierung“ hier.

Der nächste Blogs beschäftigen sich mit dem 5. Prinzipien meiner Arbeit:
Dynamik statt Schuld

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Die 5 Prämissen meiner Beratung

Die folgenden fünf Grundprinzipien, die ich bei der Begleitung meiner Klienten anwende, habe ich nicht selbst erfunden. Sie leiten sich ab aus meinem Verständnis und meiner Interpretation des systemischen Beratungsansatzes. Aber mit diesem theoretischen Hintergrund müssen Sie sich eigentlich gar nicht so genau befassen. Deswegen beschreibe ich hier die fünf Grundsätze möglichst praxisnah:   

  1. Möglichkeitsraum erweitern: Entwicklung hin zu Ihrem angestrebten Ziel bedeutet für mich nicht, dass Sie bisher etwas falsch gemacht haben, sondern dass es in bestimmten Situationen bessere Handlungsalternativen gibt, die Ihnen bisher noch nicht zur Verfügung standen. Sie sind also eingeladen, Ihren Werkzeugkasten um neue Instrumente zu erweitern und sich mit deren Handhabung vertraut zu machen.
  2. Umparken im Kopf: Denn von einem anderen “Parkplatz“ aus ergeben sich auch neuen Blickwinkeln neue Perspektiven. Wenn Sie etwas anschauen von einem Standpunkt aus den Sie bisher noch nicht eingenommen haben, wird das, was Sie sehen dadurch weder richtiger noch falscher, nur vollständiger. Dies wiederum erlaubt einen besser funktionierenden Umgang damit.
  3. Zukunftsorientierung: Wie Einstein schon sagte: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“ Die Vergangenheit können wir nicht ändern; was wir tun können ist zukünftig unseren Blick auf das Geschehene zu erweitern (siehe Punkt 2) und die Zukunft weiträumiger zu gestallten (siehe Punkt 1). Und wir können uns vergangenen Erfahrungen als Ressourcen für die zukünftige Gestaltung unseres Lebens zu Nutze machen.
  4. Subjektive Wahrheiten als solche akzeptieren: Wahr ist, dass es nicht DIE WAHRHEIT für alle gibt, sondern jeder seine eigene Sicht auf die Welt und deren Zusammenhänge hat. Weil sich die eigene Wahrheit so besonders wahr anfühlt, ist es oft schwierig sich vorzustellen, dass es unserem Gegenüber ganz genauso ergeht. Die Übung, fremde Wahrheiten statt sie zu bewerten mit Neugierde zu betrachten, kann viele Kommunikationshindernisse in der Partnerschaft abschmelzen.
  5. Dynamik statt Schuld: Die Frage ist nicht, was macht mein Partner falsch, auch nicht was mache ich falsch, sondern was bewirkt mein Tun bei meinem Gegenüber. Während erstere Fragen ein Fehlverhalten unterstellen und damit „automatisch“ zu Abwehr führen, ist die letztere eine Forschungsfrage, die uns Auskunft gibt, wie die Zahnräder im „paardynamischen Getriebe“ ineinander greifen.

Wenn sie die fünf Prämissen meiner Beratung genauer kennenlernen möchten, dann abonnieren Sie am besten diesen Newsletter, denn in loser Folge werde ich die fünf Grundprinzipien jeweils in einem eigenen Beitrag detaillierter und mit Beispielen erläutern.

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Interview: Fragen an einen Freund

Neulich bat mich ein Journalist der „Deutschen Presse Agentur“ (dpa) um ein Interview zum Thema: „Fremdgehen und Loyalität in Freundschaften“. Wie soll man sich verhalten, wenn man mit bekommt, dass ein(e) Freund(in) ohne Wissen ihres/ihrer Partner(in) heimlich andere sexuelle Kontakte hat? Oder wenn man merkt, dass ein Freund oder eine Freundin sexuell „hintergangen“ wird?

Der Artikel, der auf Grundlage des Interviews entstand, ist kürzlich in der Reihe „Fragen an einen Freund“ in mehreren Tageszeitungen erschienen, u.a. in der „Frankfurter Rundschau“ und der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (aus meiner Heimatstadt Heidelberg)*.

Täter und Opfer

Nicht ganz glücklich bin ich mit der vom Journalisten gewählten Terminologie vom „Fremdgeher“ und vom „Betrogenen“. Zwar wird dadurch einerseits sofort klar, welche Rolle jeweils gemeint ist, auf der anderen Seite lösen diese Begriffe aber starke Assoziationen aus zu Begriffen wie „Täter“ und „Opfer“.

Aus meiner Beratungserfahrung kann ich sagen, dass es in der Realität kaum so ist, dass einer von beiden ausschließlich und alleinig die Schuld trägt und der andere keinerlei Verantwortung für das Geschehene hat.

Wenn also Paare in einer Situation sexueller Untreue zu mir kommen, ist es wichtig zu klären, welchen Beitrag jeder von beiden innerhalb des Systems dazu geleistet hat. Noch wichtiger allerdings ist es herauszufinden, welchen Beitrag jeder von beiden zukünftig leisten kann, damit es nicht mehr zu weiteren Unehrlichkeiten und Vertrauensverlust in der Beziehung kommt.

Diese Unehrlichkeit, die sehr oft mit einer sexuellen Außenbeziehung oder -begegnung einher geht ist nach meiner Erkenntnis wesentlich schädlicher und gefährlicher als die direkte Kränkung des Partners durch den anderweitigen sexuellen Kontakt.

With a little help from my friends

Nun aber noch mal zurück zum Interview: Ich plädiere darin dafür immer zuerst den aktiven Teil anzusprechen, wenn man „Regelverletzungen“ im Freundeskreis verMUTet. Und das erfordert eben auch Mut. Ein sofortiges, unbedachtes „Petzen“ halte ich aber für genauso verfehlt wie ein „Das geht mich überhaupt nichts an“.

Ich vertrete hier einen pragmatischen Ansatz, der nicht von einer bestimmten Sexualmoral ausgeht. Vielmehr ist er von der Erkenntnis getragen, dass langfristig gute und stabile Beziehungen, die wir ja alle wollen, nur in einem Umfeld von Offenheit und Vertrauen gedeihen können. Eine (länger währende) Verstrickung in Lügen und Ausreden hingegen höhlt eine Beziehung von innen heraus solange aus bis sie in sich zusammenbricht.


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Nach dem Pulverdampf

Wenn der erste Schock nach dem Auffliegen einer heimlichen Affäre verfolgen ist (siehe dazu meinen letzen Blogbeitrag) stellt sich die Frage, wie – und ob überhaupt – es weitergehen kann als Paar. Und falls nein, wie dann?

 
Um dies zu beantworten, schaue ich mit den Paaren zunächst zurück auf ihre bisherige Beziehung. Warum sind die Partner seinerzeit zusammen gekommen – was hat sie aneinander fasziniert oder zumindest angezogen? Was war gut in der Beziehung bisher? Und was nicht? Was an Schönem ist unterwegs verloren gegangen? Und was war nicht gut oder ist verloren gegangen ohne dass darüber geredet wurdet? Gab es in der bisherigen Beziehung zu viele Tabus und Unausgesprochenes?

 

Butter bei die Fisch!

Jetzt ist die Zeit und die Gelegenheit gekommen reinen Tisch zu machen. Ein Neustart kann – wenn überhaupt – nur gelingen, auf der Basis von gegenseitiger Offenheit, die wiederum Voraussetzung ist, dass beschädigtes Vertrauen wieder wachsen kann. Die Zeit der Salamitaktikmiklaw-beziehungsberatung-Salamitaktik die Wahrheit betreffend, um den/die Partner(in) nicht zu verletzen und ihn/sie (oder ehrlicher Weise doch hauptsächlich sich selbst?) zu schonen ist vorbei!

 
Frage ich die Paare, wie sich denn die Beziehung in Zukunft wünschen würden, so höre ich manchmal „So wie früher“. Da aber niemand die Zeit zurück drehen kann, ist es nicht möglich, dass die zukünftige Beziehung nach dem Geschehenen gleich der vergangenen Beziehung ist. Aus meiner Sicht ist dies eine ganz entscheidende Einsicht, um sich aktiv um die Ausgestaltung der Beziehung 2.0 zu kümmern. Oder auch um festzustellen, das der Wunsch nach einer neuen Beziehung mit dem/der alten Partner(in) nicht bei beiden gegeben ist – oder nicht ausreichend stark ist um die Beziehung zu „renovieren“.

 

Waren beide beteiligt?

Oft ergibt sich in dieser Phase der Wunsch nach einem Neustart mit dem/der bisherigen, vertrauten und im Grunde oft noch geliebten Partner(in), ohne dass schon klar ist, wie dieser Neustart überhaupt aussehen könnte. Dazu kann auch ich keine vorgefertigte Lösung präsentieren, aber ich kann mit dem Paar an wichtigen Fragen forschen, wie z.B.:

 

  • – Welche Sehnsüchte treiben Sie an, die die Partnerschaft erfüllen oder zumindest nicht verhindern soll
    – Wo möchten Sie ihre eigene Persönlich hinentwickeln – wenn überhaupt?
    – Welchen Anteil haben die Partner jeweils dazu beigetragen, dass das Passierte passiert ist?
    – Was ist aus alle dem für das Paar an Erfahrung zu ernten?
  •  
    Durch die Beschäftigung mit solcherlei Fragen (was Sie natürlich auch ohne mich und ohne Krise mit Ihrer Partner(in) tun können) entstehen mit der Zeit immer deutlicher die Konturen und Eckpfeiler, die das neue Grundgerüst erkennen lassen.

     
    Und manchmal passiert eben gerade dies nicht oder die sich abzeichnende Lösung gefällt nur einem Partner und dem anderen eine andere. Kurzum, manchmal zeigt es sich, daß in Zukunft diese Paarkonstelation nicht mehr möglich sein wird. Aber was stattdessen?

     
    Darüber werde ich in meinem nächsten Blogbeitrag schreiben.

     


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    Das Gute im Schlechten

    Was ist Gut, was ist Schlecht? Dies zu unterscheiden ist nicht immer einfach. Und dennoch – die meisten Menschen würden zustimmen, dass es schlecht (oder zumindest nicht gut) ist, einen Zug zu verpassen, eine Absage nach einem Bewerbungsgespräch zu bekommen oder beim Fremdgehen erwischt zu werden. Aber können wir uns da sicher sein?

     

    Letztlich können wir erst mit einem gewissen zeitlichen Abstand beurteilen, ob ein Ereignis positive oder negative Auswirkungen hatte. Oder genauer gesagt MEHR positive oder MEHR negative Auswirkungen, denn selten ist die Welt schwarz ODER weiss. Diese Erkenntnis, dass in jedem Ereignisse möglicherweise auch etwas Gutes stecken kann, hilft uns mit „schlechten“ Ereignissen besser umzugehen.

     

    Gut oder schlecht?

    Immer wieder liest man von Menschen, die deswegen überlebt haben, weil sie ein bestimmtes Flugzeug, welches dann abstürzte, verpasst haben. Meist aber wissen wir nicht, was passiert wäre, wenn wir zum Beispiel die Sitzung pünktlich geendet hätte und wir uns mit dem Auto 10 Minuten eher auf den Weg nach Hause gemacht hätten. Vielleicht wäre uns dann ein schlimmer Unfall passiert, der uns dank des späteren Endes der Sitzung erspart geblieben ist. Diese Art zu Denken meine ich allerdings nicht wenn ich dazu rate im Schlechten das Gute zu sehen, da sie viel zu vage uns spekulativ ist. Es geht um etwas anderes.

     

    Es geht nicht in erster Linie darum zu sehen, welche schlimmen Dinge einem MÖGLICHERWEISE erspart wurden, sondern welche positiven Dinge einem geschenkt wurden. Dazu zwei Beispiele:

     

    Feuerwerk

    Neulich viel mein Flug aus, weswegen ich mein geplantes Ziel nicht mehr erreichte und an einem anderen Ort übernachten mußte als geplant. Wie ärgerlich! Dort allerdings habe ich an diesem Abend ein spektakuläres Feuerwerk sehen können, welches ich sonst verpasst hätte.

     

    Und um auf die Einleitung zurück zu kommen: Hin und wieder kommen Paare zu mir, bei denen gerade ein Seitensprung aufgeflogen ist. Hierin lässt sich sicher erst mit einem gewissen Abstand etwas Gutes erkennen – dann wenn der erste Pulverdampf aus Wut, Trauer, Verzweiflung und Scham verflogen ist.

     

    Immerhin haben beide Partner nun die Chance sich wieder wahrhaftig, ohne Lug und Trug zu begegnen. Nicht selten entwickelt sich aus einer solchen Krise eine vertiefte, gefestigte, wahrhaftigere Paarbeziehung. Dazu bedarf es allerdings bestimmter Voraussetzungen, über die ich in meinem nächsten Blogg schreiben werde.

     

    Aber es braucht gar nicht so ein dramatisches Beispiel. Üben Sie sich darin in allem, was Sie an Ihrem Partner oder überhaupt in der Welt ärgert, die Möglichkeit zu sehen, dass darin auch etwas gutes steckt. Lassen Sie Ihre Phantasie spielen um sich zu überlegen was genau das sein könnte. Und nur zur Klarstellung: Das ist etwas völlig anderes, als seinen Ärger zu unterdrücken – dazu rate ich sicherlich nicht.

    Weiterlesen…

    Aussen vor

    Kürzlich erzählte mir ein Klient eine denkwürdige Geschichte über eine Geburtstagsfeier in seiner Abteilung. Vieles kann man daraus erkennen, weswegen ich hier seine Erzählung beispielhaft wiedergeben möchte:

     

    Der Klient, nennen wir Ihn Herrn Icks, erzählte mir, dass es in seiner Abteilung, bestehend aus 10 Personen üblich war, die jeweiligen Geburtstage in einem kleinen Rahmen von etwa 15 Minuten mit Kaffee und Kuchen zu feiern. Einmal sah er, wie sich die Abteilung wieder zu solch einer Geburtstagsfeier versammelte. Er selbst blieb aber solange im Abseits stehen, bis ihm einer der Kollegen flapsig – scherzhaft zuwarf: „Na, brauchst Du eine extra Einladung?“ Erst dann gesellte er sich zu den anderen.

     

    Ich erzähle Ihnen diese Geschichte aus mehrerlei Gründen, deren Überschriften lauten:

    – Aufmerksamkeit für eigene Muster
    – Unterschied zwischen innerer und äußerer Wahrheit
    – Prägung durch die Erziehung
    – Selbsterfüllende Prophezeiung

     

    Der Reihe nach

    Der Klient erzählte mir diese Geschichte, weil er bei sich selbst ein bestimmtes, immer wiederkehrendes Muster festgestellt hat, nämlich das Gefühl nicht dazu zu gehören, nicht gewollt zu sein. Es ist eine große Leistung, ein solches Gefühl („ich gehöre nicht dazu“) als eigenes Muster zu erkennen anstatt mit Sicherheit davon auszugehen, Opfer eine feindseligen Umgebung zu sein.

     

    Und damit sind wir schon beim zweiten Lernpunkt aus dieser Geschichte, dem Abgleich zwischen innerer und äußerer Wirklichkeit. Die äußere Wirklichkeit war, das Herr Icks sehr wohl und wie selbstverständlich in der Geburtstagsrunde willkommen war. Sein Kollege verstand gar nicht, warum er nicht mit hinzu kam. Nur Herr Icks selbst empfand sich als nicht willkommen, ganz losgelöst von der äußeren Realität.

     

    Zeit allein heilt nicht alle Wunden

    Herr Icks war selbst-reflektiert genug, um die Ursache seiner Muster zu erkennen: „Meine Mutter sagte immer, geh nur dahin, wo Du auch eingeladen bist“. Schwerer noch wiegt wohl der Umstand, dass er die ersten zwei Jahre seines Lebens in einem Heim verbringen musste, weil er seiner Mutter offenbar nicht „willkommen“ war. All dies liegt schon über ein halbes Jahrhundert zurück, entfaltet aber ganz offenkundig immer noch eine enorme Kraft im Leben von Herrn Icks.

     

    Letztendlich hatte Herr Icks Glück, dass es auffiel, dass er bei der Feier abseits stand und ihn jemand daraufhin ansprach. Wäre dies nicht geschehen, hätte sich die selbst erfüllende Prophezeiung „Ich bin nicht gewollt“ noch verstärkt. Herr Icks wäre darin bestätigt worden, dass die anderen ihn nicht dabei haben wollen und die Kollegen hätten ihrerseits den abseits Stehenden vielleicht tatsächlich für einen Sonderling gehalten, mit dem man besser nicht so viel zu tun hat.

     

    Ich selbst bin immer wieder erstaunt, wie viele Erkenntnis man mit ein wenig Übung und Aufmerksamkeit gewinnen kann, wenn man sich kleine, alltägliche Geschichten mal etwas genauer anschaut. In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern einen erkenntnisreichen Alltag.

     


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    Konkurrenz zur Wahrheit

    Sollten man Menschen, die man liebt anlügen?
    Wahrscheinlich werden Sie mit Nein antworten.
    Sollten Paare sich also die Wahrheit sagen?
    Wahrscheinlich werden Sie mit Ja antworten.
    Sollten Paare sich Schmerz zufügen?
    Wahrscheinlich werden Sie wieder mit Nein antworten.
    Und wie würden Sie diese Frage beantworten: Sollten sich Paare die Wahrheit sagen, wenn diese dem Partner Schmerz zufügen?
    Ja, nein vielleicht, kommt drauf an…..?

     

    Welche Wahrheit möchten Sie hören?

    Oft höre ich von meinen Klienten, dass sie sich natürlich die Wahrheit wünschen, aber dem Partner direkte oder indirekte Vorwürfe machen, wenn sie dann eine Wahrheit zu hören bekommen, die Ihnen nicht gefällt oder durch die sie sich verletzt fühlen. Frei nach dem Motto: „Sag mir die Wahrheit, aber die soll so beschaffen sein, daß ich sie auch bequem hören kann“.

     

    Und oft höre ich von meinen Klienten, dass sie natürlich gerne die Wahrheit sagen würden, dies aber nicht ginge, da der Partner dann verletzt wäre. Frei nach dem Motto: „Mein Partner ist Schuld daran, dass ich lügen muß.“

     

    Solch eine Kombination von Angst, die Wahrheit zu hören und Angst die Wahrheit zu sprechen erstickt die Wahrheit. Und wo keine Wahrheit sein darf, da kommt automatisch entweder Misstrauen oder Gleichgültigkeit und Desinteresse auf. Misstrauen ist da noch das geringere Übel, weil es nicht so einschläfernd wirkt wie Gleichgültigkeit und daher eher dazu führen kann, das Grundproblem – mangelnde Wahrheit- anzugehen.

     

    Die Lösung heißt Mut

    Die Lösung heißt Mut: Mut die Wahrheit zu sagen und Mut die Wahrheit zu hören. Aber auch Mut, die Gefühle des Partners zu ertragen, die die Wahrheit auslösen kann und Mut die Verantwortung für die eigenen Emotionen zu sich zu nehmen.

     

    Wenn Sie Ihr Partner also das nächste mal an seiner Wahrheit teilhaben lässt (z.B. „Meine Ex-Partnerin hat noch ein Platz in meinem Herzen“) dann freuen Sie sich, dass Sie einen mutigen Partner haben und seien sie ihm dankbar dafür, dass er seine Gefühle mit Ihnen teilt.
    Und falls Sie diese Wahrheit auch gleichzeitig schmerzt, dann teilen Sie es Ihm in angemessener Form mit, beispielsweise so: „Es versetzt mir zwar einen innerlichen Stich wenn ich höre, wie nah Du Dich XY noch fühlst aber ich danke Dir für deinen Mut, mir diese Wahrheit mitzuteilen.

     

    Und dann fragen sie sich (vielleicht sogar zusammen mit Ihrem Partner), worauf Ihr Schmerz, dieser innere Stich, Sie aufmerksam machen will, welchen wertvollen Hinweis er Ihnen geben kann. Aber das ist noch einmal ein anderes Kapitel, dazu vielleicht bald mehr…..

     

     
     


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    Sex 70/30

    Dies ist die Formel für guten Sex. Genau so rum und nicht etwa 30/70. Was bedeutet die Formel? Sie beschreibt, wie wir unsere Aufmerksamkeit beim Sex verteilen sollten, nämlich 70% auf uns selbst und 30% auf unseren Partner. Und nicht etwa umgekehrt, wie es viele „rücksichtsvolle“ Menschen für richtig halten.

     

    Natürlich sollten Sie diese Formel nicht zu ernst nehmen, sie ist nicht wissenschaftlich bewiesen. Sie soll nur zum Ausdruck bringen, dass Sie beim Sex vor allem bei sich selbst bleiben sollten, ohne dabei einen unverbundenen „Ego-Trip“ zu fahren.

     

    Sex zwischen „Ego-Trip“ und „Alles recht machen wollen“

    Aber warum nicht umgekehst, wäre es nicht viel rücksichtsvoller, sich vor allem an den Bedürfnissen des Partners / der Partnerin zu orientieren und die eigenen dahinter zurücktreten zu lassen? Rücksichtsvoller vielleicht, aber wohin führt diese Art der Rücksicht? Dazu dass wir ständig damit beschäftigt sind VERMUTETE Bedürfnisse des Partners zu ergründen und zu erfüllen, statt für unsere REALEN eigenen Bedürfnisse Verantwortung zu übernehmen.

     
    Das ist Ihnen alles zu theoretisch? Dann probieren Sie es doch einfach mal aus, was passiert, wenn Sie beim Sex mehr bei sich als bei Ihrem Partner / Ihrer Partnerin sind. Bedenken Sie aber, die Formel lautet 70/30 und nicht etwa 100/0.

     

    Hundert Prozent beim Sex

    Und die Formel bedeutet auch, dass wir 100% (70 + 30) unserer Aufmerksamkeit beim Sex beim Sex haben sollten und 0 % bei dem was wir noch alles in Büro erledigen müssen, bei den Bildern aus dem Pornofilm oder den anstehenden Einkäufen und Hausarbeiten.

     

    Soweit die ideale Welt. Und wenn Sie sich dabei „erwischen“ (noch) nicht in diesem Idealzustand zu schweben, sein Sie milde mit sich. Wichtig ist, dass Sie überhaupt bemerkt haben, dass es für Ihr Sexualleben noch Entwicklungsmöglichkeiten zu mehr Intensität, Tiefe, Intimität, Nähe und Erfüllung gibt.

     

    Let’s talk about Sex, Baby

    Kommen Sie mit Ihrem Partner ins Gespräch über hochprozentigen Sex. Fragen Sie ihn, wie sein persönlicher Prozente – Cocktail aussieht. Und erschrecken Sie nicht, falls er oder sie die Wahrheit sagt. Denn Wahrheit ist der beste Dünger für Liebe und Liebe ist der beste Dünger für guten Sex – viel besser als Prozentrechnungen.

     


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